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Wenn ich dich liebe, verrate ich meine Mutter

Wie unbewusste Loyalität die Liebe blockieren kann – ein Fall aus der systemischen Praxis

Kennst du das Gefühl, jemanden wirklich zu lieben – und dich trotzdem innerlich zurückzuziehen?

So ging es Lisa. Und vielleicht findest du dich in ihrer Geschichte ein Stück weit selbst wieder.

Die Situation: Nähe, die nicht gelingt

Lisa (39) und Markus (42) waren seit drei Jahren ein Paar. Auf den ersten Blick schien alles stimmig: Sie lachten viel, planten gemeinsam ihre Zukunft, sprachen offen über Gefühle. Doch sobald es wirklich nahe wurde – emotional oder körperlich – zog sich Lisa zurück. Sie bekam Zweifel, suchte Gründe, um sich innerlich zu distanzieren.

 

„Ich liebe ihn. Aber manchmal fühlt es sich falsch an.“

Markus war ratlos. Immer wieder stand er vor ihrer Wand aus Schweigen und Unsicherheit.

Ein Blick hinter die Fassade

Im Gespräch kamen wir auf Lisas Familie. Ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie elf Jahre alt war. Die Mutter fühlte sich vom Vater verraten und sprach seitdem nur noch schlecht über ihn. Lisa blieb bei ihr, hörte ihre Geschichten, spürte ihren Schmerz – und übernahm unbewusst ihre Haltung.

 

Der Vater wurde innerlich ausgeschlossen. Lisa war „auf der Seite der Mutter“ – und gleichzeitig tief mit dem Vater verbunden. Ein klassischer Loyalitätskonflikt.

Die Verstrickung: Zwischen Liebe und Schuld

In der Tiefe wirkte ein unsichtbares Band in ihr – mit einem inneren Satz, der lautete:

„Wenn ich einen Mann liebe, verrate ich meine Mutter.“

 

Und gleichzeitig:

„Wenn ich meinen Vater liebe, werde ich zur Verräterin.“

 

Diese doppelte Bindung blockierte ihre Fähigkeit, sich Markus wirklich hinzugeben. Die Schuldgefühle waren diffus – aber mächtig.

Der systemische Lösungsweg

In einer geistigen Aufstellung durfte Lisa innerlich ihrem Vater begegnen – und ihm sagen:

„Du bist mein Vater, und ich gehöre zu dir.“
„Ich ehre dein Schicksal – und lasse es bei dir.“

Gleichzeitig wandte sie sich auch der Mutter zu und sprach:

„Liebe Mama, ich bin deine Tochter. Ich sehe deinen Schmerz. Und ich bleibe dir treu – auch wenn ich meinen Vater liebe.“

 

Dieser Schritt veränderte etwas in ihr. Plötzlich war da Erleichterung. Frieden. Klarheit. Die Schuld wich einer neuen inneren Ordnung.

Die Wirkung auf die Beziehung

In den Wochen danach begann sich ihre Beziehung zu verändern. Lisa fühlte sich freier. Ihre Rückzüge wurden seltener. Sie konnte sich wieder auf Markus einlassen – nicht gegen die Mutter, nicht gegen den Vater, sondern als erwachsene Frau, die lieben darf.

Fazit: Liebe braucht Ordnung

Dieses Fallbeispiel zeigt, wie sehr unsere Herkunftsfamilie in unsere Paarbeziehungen hineinwirken kann.
Liebe ist nicht nur ein Gefühl – sie ist auch eingebunden in ein größeres System.

Und manchmal braucht es einen Schritt zurück, um den Weg nach vorn wieder frei zu machen.

Wenn dich dieses Thema berührt und du das Gefühl hast, dass in deiner Beziehung „etwas Drittes“ mitwirkt – dann lohnt sich ein Blick auf dein Familiensystem.

 

„Die Liebe fließt, wenn die Ordnung stimmt.“ – Bert Hellinger

In der Geistigen Aufstellung spielt sich alles auf der geistigen Ebene ohne Worte ab. Die Aussagen zu bestimmten Familienmitgliedern sind Erfahrungswerte aus der Aufstellungsarbeit mit stellvertretenden Teilnehmer*innen.

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